Die Hölle muss leer sein, alle Teufel sind schon auf Erden.                      William Shakespeare              

Jainismus  -  Eine Religion für Tierfreunde

Die Gewaltlosigkeit, auch gegen nichtmenschliche Tiere, im indischen Sanskrit AHISMA genannt, ist das ethische Prinzip.

Von Natur, meinte A. Schopenhauer, würde nicht das Recht, sondern die Gewalt auf Erden herrschen. Das gilt mehr oder minder auch für Religionen, die ihre weltweite Verbreitung in starkem Maße der Gewalt verdanken. Dies ist leider eine wahre Feststellung. Aber es gibt Ausnahmen. Eine solche, eindrucksvolle Ausnahme ist eine uralte indische, heute noch existierende, lebendige Religion, nämlich der Jainismus. Im Gegensatz zum Buddhismus, dem sie nah verwandt ist, ist sie bei uns immer noch ziemlich unbekannt. Dies ist bedauerlich, weil diese, eine der ältesten Religionen der Welt, sich allumfassend wie keine andere für Gewaltlosigkeit allen Lebewesen gegenüber und sich somit auch entschieden für den Vegetarismus einsetzt. Sie fordert von ihren Anhängern die vegetarische Lebensweise.
Die Anfänge des Jainismus liegen im Dunkeln. Eine ihrer ersten Persönlichkeiten war wohl Parshva, der zirka 800 Jahre vor unserer Zeitrechnung in Indien lebte. Sein bedeutendster Nachfolger war Mahavira, der etwa zur Zeit des Buddha lebte, also etwa 250 Jahre später.
Das Prinzip des AHISMA gilt, im Gegensatz zu den bei uns herrschenden Religionen, gegenüber allen Lebewesen, so auch gegenüber den nichtmenschlichen Tieren.
Was am Jainismus so fasziniert ist die Konsequenz, mit der die Jainas ihren Grundsatz der Gewaltlosigkeit seit mehr als 2500 Jahren auch auf nichtmenschliche Wesen ausdehnen. Ein solch allumfassende Ethik und zwar nicht nur gepredigt, sondern auch praktiziert, dürfte in der Religionsgeschichte einmalig sein. Die Jainisten stellen AHISMA über alle erfundenen Göttervorstellungen.

Die meisten der außerhalb Indiens lebenden Jainas findet man in Nordamerika und Großbritannien.
Es lohnt sich, sich mit dem Jainismus zu beschäftigen,

Prof. Dr. theol. Erich Gräßer Ehemals Ordinarius für Neues Testament an der Universität    Bonn

Tierschutz ist Christenpflicht



                    Tierschutz ist kein Anlass zur Freude

Tierschutz ist kein Anlass zur Freude, sondern eine Aufforderung, sich zu schämen, dass wir ihn überhaupt brauchen. 
Diese Scham wird von den christlichen Kirchen nicht geteilt. Diese unsere christliche Gesellschaft in diesem unserem christlichen Abendland lebt in einer beispiellosen Ehrfurchtlosigkeit vor der Schöpfung. Vom Robbenschlachten im hohen Norden bis zum Vogelmord im Süden, von der Vernichtung der Regenwälder im Westen bis zur Ausrottung der Wale in den fern/östlichen Meeren, auf der ganzen Linie liefert der Mensch den Beweis, dass es nie eine heuchlerischere Anmaßung gab als die, sich selbst "Krone der Schöpfung" zu nennen. In Wahrheit ist der Mensch ihr gefährlichster Ausbeuter und ihr größter Zerstörer. Und der Würde der Menschen, diesem hohen Verfassungsgut, dessen Unantastbarkeit unsere Politiker so gerne betonen, schlägt die gigantische industrialisierte Massenquälerei brutal ins Gesicht. Es ist kein Zeichen von Menschenwürde, schwächere Lebewesen auszubeuten und zu quälen. Tiere sind schwach. Wenn wir ihre Schwäche ausnutzen, wenn wir mit ihrem unnötigen Leiden und mit ihrem unnötigen Sterben unseren Wohlstand und unseren Luxus mehren, wenn wir für jeden beliebigen Nutzen jedes beliebige Tieropfer fordern, dann haben wir unsere Menschenwürde verspielt und verdienen es nicht, eine sittliche Rechtsgemeinschaft genannt zu werden.
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    Und die Kirchen? Was ist mit Kirche Und Tierschutz? 

    Ich muss an dieser Stelle deutlich werden: Wenn einst die Geschichte unserer Kirche geschrieben wird, dann wird das Thema "Kirche und Tierschutz" im 20. Jahrhundert ein ebenso schwarzes Kapitel darstellen wie einst das Thema "Kirche und Hexenverbrennung" im Mittelalter. Und so wie die Kirchen im 19. Jahrhundert bei der sozialen Frage versagten und die Arbeiter aus der Kirche heraus trieben, so versagen sie heute im Tier- und Naturschutz und treiben die Tierschützer aus der Kirche heraus. Denn für Tierschutz hält sich die Kirche nicht zuständig. Kirche sei für die Menschen da. Aber dieser Mensch ist doch gerade nach biblischer und kirchlicher Lehre ein Geschöpf Gottes inmitten anderer Geschöpfe Gottes. Er lebt als Geschöpf in der Schöpfung. 

    Noch deutlicher: Der Mensch hat von Gott her das Amt Haushalter und nicht Ausbeuter der göttlichen Schöpfung zu sein. Allmählich gewinnt die Kirche diese Einsicht zurück. Aber viel zu lange hat auch die Kirche statt vom Heil der Schöpfung nur vom Heil des Menschen gesprochen. 

    Auf dem Kriegsschauplatz Natur dagegen und in dem Verbrecherstück der industrialisierten Tierquälerei tritt die Kirche nicht einmal als Samariter auf. Die Ehrfurcht vor allem Lebendigen, diese im Namen des Dreieinigen Gottes ureigenste Domäne, überlassen die christlichen Kirchen den Natur- und Tierschützern. 

    Dass man Franz von Assis verehrt und Albert Schweitzer als Genie der Menschlichkeit feiert, genügt hier nicht! 

    Woher kommt diese Tiervergessenheit in der Kirche? Nun, es liegt daran, dass die Ethik, die theologische wie die philosophische, meint, sie habe es nur mit dem Verhalten des Menschen zum Menschen und zur Gesellschaft zu tun. Was wir heute erleben, ist ein mit dem Rechenstift ausgeklügeltes schreckliches Höllenspiel, in dem wir unsere Nutztiere in der Massentierhaltung zu Tiermaschinen herabstufen. Die Übermenge an Eiern, Fleisch und Butter, die die westlichen Wohlstandsgesellschaften auf diese Weise produzieren, ist mit menschenunwürdiger Tierquälerei bezahlt. 

    Dabei ist die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben biblisch. Die Bibel Alten und Neuen Testamentes ist voller Zeugnisse von Gottes Fürsorge für alle Geschöpfe. Weil das Gut sein zu den Tieren eine Selbstverständlichkeit ist, darum hat man das Zentrum des christlichen Glaubens, die Dahingabe des Lebens Jesu für die Sünden der Menschen, mit dem Bilde vom guten Hirten umschrieben: 

    "Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe."



Eugen Drewermann, eine  moralische                               Instanz

 Deutscher Theologe, suspendierter                Priester, Psychoanalytiker.           

                                  *                          

Dass das Christentum die Ausbeutung der Tiere ausdrücklich gutgeheißen und gerechtfertigt hat, zeugt zweifellos von einer besonders rücksichtslosen und gewalttätigen Einstellung gegenüber der Natur.

                Tiere haben keinen Platz im Himmel
                  - Vom Dilemma kirchlicher Moral -

Die Enttäuschung ist groß, aber unangebracht: denn das Problem reicht tiefer. Da unternimmt nach über vierhundert Jahren die katholische Kirche den Versuch, für ihre ca, 1 Milliarde Mitglieder einen „Weltkatechismus" über alle wichtigen Fragen des „Glaubens" und der „Sittenlehre" zu erstellen, und natürlich erwarten alle Menschenrechtsgruppen, alle Tierschutzverbände, alle am Fortschritt der menschlichen Kultur Interessierten ein klares Wort gegen die Todesstrafe, eine eindeutige Stellungnahme gegen die globale Zerstörung der Natur, ein flammendes Veto gegenüber dem unsäglichen Leid, das Menschen millionenfach Tag um Tag fühlenden Wesen an ihrer Seite zufügen, und dann bekommen sie zu hören als die Erkenntnis eines sich für göttlich unfehlbar gebenden Lehramtes, es sei die Hinrichtung schuldig Gewordener unter bestimmten Umständen „legitim", der Mensch dürfte sich, entsprechend der Schöpfungsordnung, der Tiere zu vernünftigen Zwecken bedienen, und im Übrigen sei es in sich sündhaft, gegen die dramatischen Gefahren der Bevölkerungsexplosion zu Methoden künstlicher Empfängnisverhütung zu greifen. „Rückständig", „mittelalterlich", „realitätsfern" — das alles trifft zu, doch den Kern nicht genau. Um die Haltung der katholischen Kirche zu begreifen, muss man die Struktur ihres Denkens verstehen, das durch drei Überzeugungen gekennzeichnet ist: Der Mensch steht im Mittelpunkt der Erde, je, des gesamten Universums — alles ist auf ihn hin geschaffen und existiert um seinetwillen; am Menschen selbst ist die Seele entscheidend — sie ist vernunftbegabt und unsterblich; und in der menschlichen Geschichte ist die Offenbarung Gottes in Christus das entscheidende Ereignis, das die (römisch-katholische) Kirche als Institution irrtumsfrei bis zum Ende der Zeiten verwaltet. Anthropozentrik, Logozentrik und (setzt man für „Christus" das „christliche Abendmahl") Eurozentrik bilden hier eine innere Einheit, die, als Achse der Weltbetrachtung genommen, aufgrund ihrer Schieflage den ganzen Globus ins Trudeln bringt. 

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    Denn: 

    Anthropozentrik — das bedeutet in der Praxis, dass der Maßstab sittlicher Verantwortung allein der Mensch ist. Ob Rohrdommeln, Kolibris oder Koboldmakis angesichts einer immer stärker wachsenden Bevölkerung von 8 —10 Mrde. Menschen schon in den nächsten 50 Jahren überleben dürfen, hängt allein davon ab, ob wir Menschen ihr Biotop zum Überleben benötigen oder nicht. 

    Ob die tropischen Regenwälder in den nächsten 30 Jahren schon vernichtet sein werden oder nicht, entscheidet sich einzig an den Folgen für uns Menschen: wie kann eine Verschiebung des planetarischen Windgürtels (speziell auf der Nordhalbkugel!) sich auswirken? Der Gedanke auch nur, wir sollten die Anzahl der Menschen auf dieser Erde begrenzen, damit Tiere und Pflanzen an unserer Seite vor der sicheren Ausrottung bewahrt blieben, mutet innerhalb einer anthoprozentrischen Ethik absurd, ja, unverantwortlich an, - eine vernünftige Geburtenkontrollpolitik stößt bis heute auf den heftigsten Widerstand vatikanischer Kreise. Und doch, ob die Kirche es wahrhaben will oder nicht, steht die Menschheit in ihrer Geschichte zum ersten Mal vor der Frage, ob sie nun den Lebewesen ein eigenes Lebensrecht zusprechen will oder ob sie zum Überleben nur zulässt, was ihr selbst zum Überleben unerlässlich erscheint. Um es so zu sagen: beim heutigen Stand der Technik und einem Anspruchsniveau an Lebensstandard wie in Europa und Nordamerika könnten bestenfalls 3 Mrd. Menschen ohne nachhaltigen Schaden für die Natur existieren; so viele Menschen lebten vor 50 Jahren; heute stehen wir bei 6 Milliarden! Nur ein Ende der anthropozentrischen Ethik lässt der Natur eine Chance! 

    Logozentrik! Sie besagt in der Praxis, dass wir unsere Gefühle stets zu regulieren haben an den vermeintlich „vernünftigen" Entscheidungen. Für das Menschenbild der kirchlichen Moraltheologie spielt die Herkunft der Psyche des Menschen aus mehr als 200 Jahren Säugetierevolution nach wie vor keine Rolle; dass Hunde, Affen, Rinder zu Gefühlen fähig sind, die unseren eigenen analog sind, braucht da nicht berücksichtigt zu werden. Also: wenn die Industrialisierung der Landwirtschaft die Produktionskosten für den Schlachtviehmarkt senkt, ist gegen die Massentierhaltung, gegen die Tiertransporte, gegen die Schlachthöfe nichts mehr zu sagen; wenn die Qual von Millionen Tieren in den Labors dazu beiträgt, neue Pharmaka oder neue Kampfmittel zu testen, ist es eine ethische Pflicht, die entsprechenden Testreihen durchzuführen. Mitleid ist da kein Argument, Mitgefühl ist unangebracht, die Verwandlung von Lebewesen in Ware und Biomasse ist ganz einfach rationell — alle „emotionalen" Betrachtungsweisen kommen dagegen nicht auf. 

    Um mit Tieren anders umzugehen, müssten wir unser Menschenbild ändern und die Grundlagen unserer logozentrischen Ethik überprüfen! Die Idee etwa, wir sollten unsere Nahrungsgewohnheiten ändern, um den Tieren (und Menschen) weniger an Leid aufzuerlegen, gilt innerhalb der tradierten Moral noch immer als etwas Unzumutbares; wer aber, wenn er sieht, was alles den Tieren zugefügt wird, um unter dem Druck der Preisrichtlinien der EG Billigfleisch auf den Markt zu werfen, würde nicht ganz von selbst darüber nachdenken, ob nicht der Vegetarismus einen ehrlichen Ausweg aus der organisierten Tierquälerei und Menschenschinderei darstellen würde? 

    „Solange es noch Schlachthöfe gibt, wird es auch Schlachtfelder geben", meinte auch Leo Tolstoi. Die Moral der katholischen Kirche macht dagegen die „Unsterblichkeit" der menschlichen „Seele" geltend: wenn nur die Menschen „ewig" leben, ist, gemessen daran, das Leid der Tiere wirklich bedeutungslos; dass Tiere keine „Seele" haben, ist denn auch die logische Grundlage der anthropozentrischen und logozentrischen Ethik. Wir werden den Tieren erst gut sein können, wenn wir zumindest für möglich halten, was die alten Ägypter glaubten: am Tag des Gerichts würden die Tiere den Menschen verklagen für alles, was ihnen angetan wurde. Was für eine Religion ist das, die einen Himmel predigt, in dem es keine Tiere gibt? 

    Und Eurozentrik — sie bedeutet in der Praxis, dass die abendländische Art, Mensch und Natur zu betrachten, alternativlos sich als „wahr" dem Rest der Welt gegenübersetzen kann. Der kirchliche „Weltkatechismus" zeigt das ganz deutlich: es werden nicht nur die Impulse des Protestantismus unberücksichtigt gelassen, man hält hier ganz einfach die „römische" Auslegung der Botschaft Jesu für alleingültig. Kein Gedanke deshalb, dass man etwa von den Buddhisten und Hindus, von den Taoisten und Indianerkulturen etwas Wesentliches über den Umgang mit der Natur werde lernen können, gar müssen. Dabei lebt heute noch die Hälfte der indischen Bevölkerung aus religiösen Gründen vegetarisch. Tieren kein Leid zuzufügen gilt da für wichtiger als das vermeintliche Recht des Menschen, sich die Erde Untertan zu machen. 

    Die Religion der Zukunft, das zeichnet sich heute schon ab, wird all diese falschen Mittelpunktbildungen vermeiden müssen. Sie wird integrativ sein müssen zwischen Mensch und Natur, zwischen Denken und Fühlen und zwischen den Kulturen und Religionen. Ein „Weltkatechismus", der nur die eigenen Ausschließlichkeitsansprüche über die Welt wirft, wird dann unmöglich sein. Zum Nutzen des Menschen, zum Nutzen der Tiere, zum Nutzen des Lebens auf diesem Planeten. 

                      Das Buch Koholet

Das Buch Koholet ist das einzige wirklich philosophische Buch in der Bibel. Es sind die Worte des Predigers, Sohn des Davids, des Königs zu Jerusalem. Es kann nur jedem empfohlen werden, das Buch aufmersam zu lesen.

Ich, Prediger, bin König über Israel gewesen zu Jerusalem. Ich gedachte alles, was unter der Sonne geschah, durch Weisheit zu erforschen.

Aber was sah ich unter der Sonne. An der Stätte des Rechtes, da war das Unrecht, und an der Stätte der Gerechtigkeit, da war der Frevel. Da dachte ich, Gott wird den Gerechten und den Frevler richten.

Ich dachte bei mir selbst: Der Menschenkinder wegen, sie zu prüfen, hat Gott es so gefügt,damit sie sehen, dass sie nicht mehr sind als das Tier. Denn das Geschick der Menschenkinder ist gleich dem Geschick des Tieres; ein Geschick haben sie beide.Wie dieses stirbt, sterben auch jene und einen Odem haben sie alle. Der Mensch hat vor dem Tier keinen Vorzug. Denn alle gehen an einen Ort, alle sind sie aus Staub geworden, und alle werden sie wieder zu Staub.

Wer weiß schon, ob der Odem der Menschenkinder emporsteigt, der Odem des Tieres aber hinabfährt. 

Ich sah die Tränen der Unterdrückten fließen und niemand tröstete sie. Da pries ich die Toten, glücklicher sind sie als die Lebenden. Glücklicher als beide ist der Ungeborene, der noch nicht geschaut hat, das Böse das unter der Sonne geschieht. Glücklicher ist die Fehlgeburt.

Auch ist das Herz der Menschenkinder voll Bosheit, und Torheit wohnt in ihrem Herzen solange sie leben - und danach geht es zu den Toten.



             
  Altabt Emmanuel Jungclaussen  -  OSB Niederalteich
Erster Brief
Ich bin gebeten worden, ein paar der Worte der Ermutigung für Sie als Freunde der Tiere und ihre Beschützer zu schreiben, damit Sie der Mut nicht verlässt und ebenso die Kraft, den Anforderungen des Tierschutzes gewachsen zu bleiben. Über meine Beiträge könnte man auch schreiben: 
"Tierschutz hat Tradition", nämlich in den Religionen der Menschheit als die Liebe zu allen Geschöpfen. Zu diesem Thema möchte ich  heute zwei Beispiele bringen. 
Erstens: "Menschen und Tiere machst du heil", heißt es im Psalm 36,7. Und der heilige Augustinus, der größte Abendländer unter den christlichen Kirchenvätern (350-430), wendet das temperamentvoll wie er ist – sogleich aufs konkrete Leben an: 
"Von dem das Heil der Menschen kommt, von dem kommt auch das Heil der Tiere. Scheue dich nicht, dies vom Herrn, deinem Gott, zu denken; vielmehr nimm es fest an, glaube es, und hüte dich, anders zu denken. Der dich heil macht, derselbe macht dein Pferd heil, derselbe macht dein Schaf heil, und, zum Geringsten zu kommen, derselbe macht auch deine Henne heil. Vom Herrn kommt das Heil der Engel, der Menschen und der Tiere." 
Und warum? Fragt Augustinus. Einfach, weil Gott Gott ist und darum göttlich-grenzenlos seine Liebe und sein Erbarmen! Das ist zunächst einmal der Schlüssel – der Schlüssel auch für den Umgang des Heiligen mit dem 

Tier. Es ist der Liebe eigen, dass sie keine Grenzen hat – wie dort, wo kein Damm entgegengesetzt ist. Das Wasser sich verströmen muss. 
Zweitens: Der heilige Isaak von Ninive (Bischof und Mönch der Ostkirche im 7. Jahrhundert) fragt einmal, woran das "barmherzige Herz" zu erkennen sei. Daran, antwortet er, wenn es in Nächstenliebe zu allen Kreaturen entbrenne – Mensch wie Tier. 
"Das Herz wird weich und kann es nicht ertragen, von anderen zu sehen, dass sie leiden, und wäre das Leid, das die Kreatur zu erdulden hat, noch so gering. Deshalb hört ein Mensch nicht auf, für die Tiere zu beten und sogar auch für die Feinde der Wahrheit und für diejenigen, die ihm Böses antun, damit sie bewahrt und gereinigt würden. Er betet sogar für die Reptilien, getrieben vom großen Erbarmen, das sich unendlich in sein Herz ergießt, und dadurch gleicht er sich Gott an." 
Also auch für die Tiere beten - sogar für die "bösen"! Stellvertretend für die "bösen" Tiere stehen die Reptilien. Es gibt keine Grenze, an der Liebe – wenn sie Liebe ist – Halt machen könnte. Das geht weit über ein ziellos aufgewühltes Gefühl spontaner Mitleidsregungen hinaus: das Beten eines wirklichen Beters ist intensive seelische Aktivität, bei der er sich selbst rückhaltlos einsetzen muss und sich dabei immer neu die Frage stellt: "Wie ernst ist es mir mit meinem Glauben?" 


Zweiter Brief

DerText ist diesmal der großen Weltliteratur entnommen und zwar dem sechsten Buch des letzten Romans von Fjodor M. Dostojewskij (1821 - 1881) "Die Brüder Karamasow".  

Dieses 6. Buch trägt den Titel "Ein russischer Mönch" und kann unter Umständen auch unabhängig von dem sehr umfangreichen Roman mit großem Gewinn für sich allein gelesen werden. Dieses 6. Buch enthält den sehr bewegenden Werdegang des Starez Sossima sowie seine geistliche Lehre, in der ja die Tiere, ja die ganze Schöpfung eine wichtige Rolle spielen. Aus seinen Wanderjahren berichtet Sarez Sossima von dem Gespräch mit einem jungen Mann folgendes: "Alles ist schön", sagte der junge Mann. "Wahrhaftig", antwortete ich ihm, "alles ist schön und herrlich, denn alles ist Wahrheit. Rührend ist es zu wissen, dass keinerlei Sünde auf den Tieren lastet, denn alles ist vollkommen, alles außer dem Menschen ist frei von Sünde, und Christus ist noch eher mit ihnen als mit uns." "Ist denn Christus wirklich auch mit ihnen?" fragte der Jüngling. "Wie könnte es denn anders sein", sagte ich zu ihm, "da das Wort für alle bestimmt ist; die ganze Schöpfung und jede Kreatur, jedes Blättchenstrebt hin zum Wort, preist Gott, weint zu Christo, sich selbst unbewusst, und vollbringt die Kraft des Geheimnisses seines sündenlosen Daseins." "Siehe", sagte ich zu ihm, "dort im Walde lebt der schreckliche Bär, er ist grausam und wild und trägt doch in keiner Weise Schuld daran." Und ich erzählte ihm, wie einmal ein Bär zu einem großen Heiligen kam, der im Walde in einer kleinen Zelle ein Büßerleben führte, und der große Heilige erbarmte sich seiner, kam furchtlos zu ihm heraus und gab ihm ein Stück Brot. "Geh", sagte er, "Christus sei mit dir." Und das grimmige Tier ging gehorsam und sanft davon, ohne ihm etwas zuleide zu tun. In seiner Belehrung sagte Starez Sossima folgendes: "Brüder lasst euch nicht abschrecken durch die Sünde der Menschen, liebt den Menschen auch in seiner Sünde, denn das gleicht der Liebe Gottes und ist der Gipfel der Liebe auf Erden. Liebt die ganze Schöpfung Gottes, das gesamte All, wie auch jedes Sandkörnchen. Jedes Blättchen liebt, jeden Sonnenstrahl Gottes! Liebt die Tiere, liebt die Pflanzen, liebt jedes Ding. Wer jedes Ding liebt, wird auch das Geheimnis Gottes in den Dingen erfassen. Hat er es einmal erfasst, so wird er es auch Tag für Tag immer mehr erkennen. Brüder, Liebe ist unsere Lehrmeisterin, doch man muss sie zu erwerben wissen, sie ist schwer zu erwerben, sie wird teuer erkauft durch beharrliche Arbeit und erst nach langer Zeit, denn man soll ja nicht zufällig und nur für einen Augenblick lieben, sondern für immer. Auf Erden aber irren wir fürwahr umher und hätten wir nicht Christi kostbares Vorbild vor Augen, so wären wir verloren und verirrtenuns völlig ..... Vieles auf Erden ist uns verborgen, doch stattdessen ist in unserem tiefsten Inneren das Gefühl unserer lebendigen Verbundenheit mit einer anderen Welt gegeben, einer erhabenen und höheren Welt. Die Wurzeln unserer Gedanken und Gefühle ruhen nicht hier, sondern in anderen Welten ..... Doch alles was uns aufgegangen ist, lebt und ist lebendig allein dank dem Gefühl seiner Berührung mit geheimnissvollen anderen Welten, erlahmt in dir dieses Gefühl oder hört es auf, so stirbt auch, was in dir aufgekeimt ist."



Dritter Brief                                                                                
In diesem Beitrag möchte ich mit Hilfe von drei Texten aus der Welt der Religionen versuchen, dass Sie durch deren Betrachtung Ihre persönliche Beziehung zu den Geschöpfen, zumal den Tieren, vertiefen können. 
Den ersten Text hat uns der große indische Weise Ramakrishna (1836–1886) geliefert. Ein armer Bauernknabe kam zu einem heiligen Manne und wollte sich von ihm belehren lassen, wie er Gott finden könne. Der Heilige antwortete: "Liebe Gott von ganzem Herzen und von ganzer Seele." Der Knabe erwiderte: "Ich habe Gott noch nie gesehen, ich kenne ihn nicht und weiß 


nichts von ihm; wie kann ich ihn da lieben?" Der Heilige forschte nun, was ihm wohl auf der Welt das Liebste sei, worauf der Knabe erklärte, weder Vater noch Mutter, weder Geschwister noch Freunde zu haben. Statt dessen besitze er ein Schäfchen, dem sein ganzes Herz gehöre. Der heilige Mann war zufrieden und ermunterte den Knaben: "Sehr wohl, pflege du dein Schäfchen und liebe es von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt, denn wisse, und denke immer daran, dass Gott im Herzen deines Schafes wohnt." 

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    Darauf verdoppelte der Junge seine liebende Hingabe für sein teures Schäfchen, eingedenk der Worte des Heiligen, Gott habe seine Wohnstätte in dessen Herz. Nach langer Zeit besuchte der heilige Mann den Knaben und erkundigte sich, wie es ihm ergehe. Dieser begrüßte seinen Lehrer ehrfürchtig und sprach: "Ehrwürdiger Meister, ich danke dir für deine Unterweisung. Ich bin froh, deine Vorschrift genau befolgt zu haben, denn hin und wieder sehe ich in meinem Schäfchen eine wunderschöne Gestalt mit vier Händen (Sinnbild der Gottheit), deren Anblick mich über alle Maßen glücklich macht." 

    Eine Fülle von Tierlegenden durchzieht das Leben des heiligen Franz von Assisi (1182 - 1226): von der Vogelpredigt bis zur Zähmung des Wolfes von Gubbio. 

    Ein früher Biograph, Thomas von Celano, schreibt über die Liebe des heiligen Franz zu den beseelten und unbeseelten Geschöpfen: "Was er in der geschaffenen Welt fand, führte er zurück auf den Schöpfer, und durch das, was sich seinem Auge an Lieblichem bot, schaute er hindurch auf den lebenspendenden Urgrund der Dinge. ... Mit unerhörter Hingebung und Liebe umfasste er alle Dinge, redete zu ihnen vom Herrn und forderte sie auf zu seinem Lobe. ... Mit dem Namen "Bruder" (und "Schwester", so im Sonnengesang) rief er alle Lebewesen, wenn er auch von allen Tieren die zahmen bevorzugt liebte. Wer könnte hinreichend alles aufzählen? 

    Jene Urgüte, die einst alles in allem sein wird, erhellte ja diesem Heiligen schon hienieden alles in allem." 

    In dritten Text versucht ein Benediktiner unserer Tage, David Steindl-Rast, eine schlichte Wesensbestimmung von "Liebe" zu geben, in der auch die Tierliebe ihren Platz hat. 

    "Wenn wir nach den Charakteristika von Liebe fragen, die für jede ihrer Formen zutrifft, dann finden wir zumindest zwei: ein Bewusstsein des Zusammengehörens und die aus ganzem Herzen kommende Annahme dieses Zusammengehörens mit all seinen Folgen. Dies zwei Charakteriszika sind für jede Art von Liebe typisch, von der Liebe zur Heimat bis zur Liebe zu einem Haustier, während leidenschaftliche Anziehung nur für das Sich-verlieben typisch ist. Liebe ist ein "Ja" aus ganzem Herzen zum Zusammengehören." 

    David Steindl-Rast, Fülle und Nichts. Von innen her zum Leben erwachen, Herder/Spektrum, Band 5026, 5. 180f. 

    Alle drei Texte aus der Welt der Religionen können, wiederholt gelesen und durchdacht, hoffentlich eine Ermutigung für Sie sein, den Weg des Tierschützers beherzt weiterzugehen. Dazu wünsche ich Ihnen Gottes Segen. 

    Altabt Emmanuel Jungclaussen OSB Niederalteich

4. Brief

Gertrud die Große (1256 - 1301) gilt als die bedeutendste deutsche Mystikerin. Im Vorwort zum Hauptwerk "Gesandter der göttlichen Liebe" schrieben zwei Mitschwestern im Leitwort: Aber nicht allein zu den Menschen, sondern vielmehr zu aller Kreatur fühlte sie Mitleid und Liebe, ob es nun ein Vogel oder ob es vierfüßige Tiere waren.

Sobald sie sah, dass Tiere Beschwerden, sei es Hunger, Durst oder Kälte erduldeten, fühlte sie im Innersten ihres Herzens Mitleid mit denen, die ihr Herr gemacht hatte. Und sie bemühte sich andächtig, jenes Leiden der unvernünftigen Kreatur dem Herrn zum ewigen Lob darzubringen. Sie erflehte vom Herrn, er möge sich seiner Kreatur erbarmen und gnädig deren Schmerz lindern. Die heilige Gertrud bringt die Leiden der Tiere als ein Bitt- und Lobopfer Gott dar.

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